Mit einem betörenden Duft macht eine kleine Kaffeerösterei seit zehn Jahren den Prenzlauer Berg verrückt. Wenn eine Lieferung kommt, stapeln sich die Säcke im laden. Für die Gäste wird es dann ein bisschen enger.
Mehr als 10 Tonnen Kaffee verarbeitet Karlheinz Rieser im Monat. Regelmäßige Verkostungen gehören zum Geschäft. „Kaffee ist eine komplexe Sache, ein wahrer Mischmasch an Pflanzensorten und Ursprungsländern“, sagt der 62-jährige Betriebswirt. Denn Kaffee ist nicht Soja, und Kaffee ist nicht Mais. Eine industrienahe Erzeugung mit standardisierten Sorten gibt es nicht. Stattdessen stehen auf den meisten Plantagen in jeder Ecke andere Kaffeepflanzen. Und auch die Anbaumethoden unterscheiden sich: Vom Kleinbauern in Ruanda, über halbstaatliche Genossenschaften in Kolumbien bis zum brasilianischen Großproduzenten mit Hunderten von Hektar Anbaufläche ist auf dem Weltmarkt alles vertreten.
Espresso Marco ist der Name der Hausmarke bei Coffee Star. Er ist ein Blend aus vier verschiedenen Kaffees: gewaschenem Robusta aus Java, Monsooned Malabar aus Indien, einem Kaffee mit dem Namen La Piramide aus den kolumbianischen Kordilleren und einem Arabica aus Brasilien. Jeder davon bringt seinen eigenen Charakter ein. Ganz wie beim Wein spricht man von Körper und von Fülle. Die Aromen reichen von pflanzlich und mild, wie es bei Sorten aus Java typisch ist, bis säurebetont und kräftig, wie bei den zentralamerikanischen Kaffees. Beim Espresso Marco verbindet sich das alles zu einem dunklen, erdigen Geschmack. Er soll sich besonders gut mit Milch vertragen. Schließlich ist der Prenzlauer Berg berühmt für seine Latte-Macchiato-Mamas.
Aus den vielen verschiedenen Faktoren ein Geschmacksbild zu erzeugen, wiedererkennbar und von gleichbleibender Qualität, das ist die Kunst des Kaffeerösters. Rieser hat sie ursprünglich in Berlin-Neukölln gelernt. Vor der Wende befand sich hier das Zentrum der Kaffeeverarbeitung. Auf 80 Prozent schätzt Rieser den Anteil, den Berlin an der westdeutschen Produktion hatte. Darboven, Jacobs, Tchibo – sie alle waren wegen der Wirtschaftsförderung von der Küste an die Spree gezogen. Zwei, drei große Röstereien gibt es im Südosten Berlins noch heute.
Bei Coffee Star erfolgt die Röstung in einer kleinen Heißluftanlage im Laden selbst. Auf die Maschine hat er ein Patent. Er kaufte es vor einigen Jahren von einer Firma aus Schleswig-Holstein und vertreibt den Röstautomaten seither weltweit. Ein Kilo Bohnen fasst er pro Arbeitsgang. Vorsichtig werden sie auf über 200 Grad erhitzt. Nach 15 Minuten haben die Kerne schließlich die richtige Farbe und den perfekten Geschmack. Statt grün-grau, wie im Rohzustand, sind sie jetzt dunkelbraun. In den Händen fühlen sie sich knusprig und leicht an.
Die Mühle steht direkt daneben. Von dort geht es weiter in die große, glänzende Espressomaschine. Draußen auf der Straße halten die Fußgänger jetzt neugierig die Nasen in den Wind, und manch einer kommt spontan auf einen schnellen Kaffee herein.